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Klaus Schulze - Deus Arrakis --- Release: 01.07.2022

63704507z.jpg Klaus Schulze - Deus Arrakis
Release: 01.07.2022

Klaus Schulze, Elektronik Legende, im Frühjahr ist er leider im Alter von 74 Jahren von uns gegangen. Anfang Juli erschien posthum sein Studioalbum Deus Arrakis, und so war es den Hörern wohl ein letztes Mal vergönnt ein gänzlich neues Klaus Schulze Album zu hören, was somit zu einem besonderen Moment wurde.

Daher mag es ein wenig wie Ketzerei wirken, dass ich beim ersten Hören von Deus Arrakis so schnell eingeschlafen bin, wie lange nicht. Aber nicht vorschnell urteilen. Nicht über das Album und auch nicht über mich, denn ich war wohl einfach sehr müde zu dem Zeitpunkt. Bei der Musik einschlafen zu können ist aber bei langen sphärischen Elektronisstücken auch nicht per se negativ zu verstehen.

Gerade die Musik von Klaus Schulze ermöglicht es wie kaum eine andere, sich fallen zu lassen, und das auch über einen längeren Zeitraum. Bei Schulze wird dies, im Gegensatz zu einigen anderen EM Musikern, auch selten langweilig. Seine Musik stieß von ihrer Länge und ihrer Tiefe schon immer in ganz andere Dimensionen vor. Guter Schlaf darf auch dazugehören. Man muß sich halt auf die typische Schulze Länge einstellen und das meine ich positiv.

Das erste Stück Osiris schließt relativ nahtlos an das vorherige Album Silhouettes (2018) an. Wir hören schöne Flächen, sowie dezente und manchmal auch nur angedeutete Sequenzen. Die typischen Schulze Harmonien mit ihren plötzlichen Modulationen und oft überraschenden Rückungen dominieren das Stück. Soweit viel Gutes, aber nichts Neues. Als besonders interessant ist mir allerdings ganz am Anfang die melodische Bassführung aufgefallen und darin insbesondere das Spiel mit sich stetig verändernden Schwebungsverhältnissen der Oszillatoren der Bassstime. Eigentlich nicht schwer zu machen, dennoch habe ich das so woanders noch nicht gehört. Die Idee zählt.

Das zweite Stück namens Seth ist nicht nur das längste Stück des Albums, sondern für mich auch dessen Höhepunkt. Es beginnt mit atonalen Synthesizer Sounds, die vermutlich aus dem EMS Synthi AKS stammen, mit denen Schulze oft die Intros seiner Stücke erstellt hat. Die atonalen Sounds gehen in orgelähnliche Flächen über, die für mich ein bisschen wie eine Reminiszenz an seine frühen Werke wie Irrlicht daherkommen. Im weiteren Verlauf des Stücks vermischt sich das sehr sandig klingende Cello von Wolfgang Tiepold derart intensiv mit Schulzes Synthesizer Klängen, dass keine klare Grenze zwischen beiden Instrumenten mehr auszumachen ist. Das habe ich so auch noch nicht gehört. Hier erkennt man ein letztes Mal die unerreichte Klasse des EM Meisters Klaus Schulze, der immer wieder neue Maßstäbe gesetzt hat.

Beim letzten Stück Der Hauch des Lebens sind mir zwar keine Besonderheiten mehr aufgefallen, aber es ist eine Fortführung des späten Schulze Stils, seit Shadowlands (2013). Das beinnahe abrupte Ende könnte man als Vorahnung seines Ablebens deuten, aber wenn ein Künstler gestorben ist, neigt man dazu ja grundsätzlich gerne, um dem letzten Werk posthum mehr Bedeutung zu verleihen.

Fazit: Deus Arrakis gefällt mir besser als das vorherige Album Silhouettes. Dabei hat Klaus Schulze sich nicht noch zuletzt neu erfunden, den Hörern aber einen würdigen Abschluß hinterlassen. Leider, denn als Musiker versuche ich mir beim Hören automatisch vorzustellen, wie sich dieser späte Klaus Schulze Stil weiterentwickelt hätte, wenn in ein paar Jahren noch ein weiteres Album gefolgt wäre.

Matthias Stock, 25.08.2022